Vom Hoffnungsträger zur Dauerbaustelle: Warum der LOTUS Simulator der OMSI-Community nicht gerecht wird und das Vertrauen verspielt - Eine Analyse
Disclaimer:
Dieser Artikel stellt eine persönliche Meinung und subjektive Einschätzung zum LOTUS Simulator und seiner Entwicklungsgeschichte dar. Die Ausführungen sind als Kommentar gedacht und reflektieren die Ansichten des Autors. Jegliche Kritik ist auf eine sachliche Analyse gerichtet und soll in keiner Weise die Entwickler oder die Community persönlich angreifen. Ziel ist es, die Entwicklung des Projekts aus der Perspektive eines langjährigen Nutzers kritisch zu betrachten und Denkanstöße für alle Interessierten zu bieten.
Zu Beginn stand der LOTUS Simulator als ein ambitioniertes Projekt, das sich Großes vorgenommen hatte: Ein Simulationssystem zu erschaffen, das Busse, Bahnen und zukünftig vielleicht sogar Flugzeuge in einer einzigen Plattform vereinen würde. Dieser Ansatz versprach eine umfassende Verkehrssimulation, die nicht nur grafisch, sondern auch inhaltlich nicht nur sämtliche OMSI-Fans, sondern die gesamten Simulationscommunity ansprechen und sogar noch über deren Erwartungen hinausgehen sollte.
Probieren wir aber erstmal zu erörtern, was sich in LOTUS spezifisch im Gegensatz zu OMSI 2 geändert hat.
LOTUS ist, im Gegensatz zu OMSI 2, immerhin eine 64-Bit-Anwendung. Ein Fortschritt, der zunächst Hoffnung macht. Die Grafik erinnert auf den ersten Blick sehr stark an OMSI, bei genauerer Betrachtung wird jedoch klar, dass die neue 3D-Technik mit Ambient Occlusion und Fensterreflexionen dem Spiel durchaus ein gewisses Upgrade verleiht. Licht und Schatten wirken realistischer, auch die Spiegelungen in Fenstern von Gebäuden bringen mehr Atmosphäre. Doch diese knallgrünen 3D-Bäume wirken nach wie vor synthetisch und unnatürlich.
Der LOTUS Simulator punktet zudem durch ein Community-Event: Die User konnten ihre eigene Stimme für die Fahrgäste beisteuern. Ein gut überlegtes Konzept zum Einbinden von Spielern. Allerdings stellt sich die Frage, ob sich das kleine Entwicklerteam nicht vielleicht doch mit dem LOTUS Simulator überfordert hat. Die Entwicklung scheint ins Stocken geraten zu sein, und trotz sechs Jahren im Early Access ist das Projekt weiterhin in einem fragilen Zustand. Besonders ärgerlich: Spiel und alle DLCs kosten insgesamt 175 Euro. Für diesen Preis erhält der Spieler lediglich ein unfertiges Grundgerüst, eine Straßenbahn mit fiktiver Karte und einem Stück Berlin, für den Busmodul und weiteren Content wird zusätzlich abkassiert.
Seit 2018 in der Entwicklung und in den letzten Jahren kaum Fortschritte. In 2022 und 2023 geschah kaum etwas – bis dann im Oktober 2023 plötzlich die Ankündigung kam, dass man den Simulator auf Unity umstellen wolle. Am 1. April 2024 – ein denkbar unglückliches Datum, viele hielten es für einen Aprilscherz – kündigte man den erneuten Engine-Wechsel an, diesmal zu Bevy und Rust als Scriptsprache. Kaum zwei Wochen später, am 14. April, wurde eine "Demoversion" mit der Bevy-Engine veröffentlicht, gefolgt von einem Beta-Test, dessen Ergebnisse bis heute niemand kennt, denn auf Fragen reagiert das Team schlichtweg nicht mehr.
Die Entwicklung scheint festzustecken: Schleppende Updates, keine Kommunikation und ein horrender Preis sind einige der Punkte, die auch die Spielerzahlen widerspiegeln. Der Peak im Mai 2022 erreichte magere 78 Spieler, aktuell sind es lediglich um die 15 Spieler gleichzeitig. Zum Vergleich: OMSI hält mit rund 1.400 Spielern täglich seine solide Basis. LOTUS kämpft hier mit dem „Henne-Ei“-Problem: Ohne neue Inhalte lockt es keine Spieler, ohne Spielerbasis gibt es wiederum keinen neuen Content. Ein weiterer Aspekt, der den LOTUS Simulator ins Abseits drängt, ist das Chaos um die Prioritäten bei Updates. Statt grundlegender Features werden Minispiele und Gimmicks wie ein Faltblattanzeiger, Stellwerkfunktionen und andere Spielereien eingebaut, die kaum zur Verbesserung beitragen. Community-Wünsche, wie etwa die Umstellung auf DirectX, was mit absoluter Mehrheit abgestimmt wurde, werden ignoriert, genauso wie offensichtliche Engine-Probleme.
Besonders ist ja auch der Streit mit der OMSI-Community zu erwähnen. Das OMSI-Forum war über Jahre hinweg der Ort schlichthin für den Austausch, das Teilen von Mods und Ideen, und hatte eine sehr aktive Community. Diese Entscheidung kam für viele, die der Plattform lange Zeit treu waren, völlig überraschend und löste Enttäuschung und Ärger aus. Die Community hatte es fast so empfunden, als wäre man förmlich „mit der Machete rausgeschmissen“ worden, um den Weg für LOTUS freizumachen. Als die Forenschließung bekannt wurde, ging ein Ruck durch die Community, und Nachrichten darüber verbreiteten sich rasch, oft begleitet von Entsetzen über die scharfe Nachricht der Community-Managerin, die das Abschalten der Communitybereiche verkündete. In der Folge fühlten sich viele, die über Jahre Inhalte für OMSI erstellt hatten, abrupt abgekapselt und aus dem Projekt ausgeschlossen. Mittlerweile ist die OMSI Community hauptsächlich in die OMSI Webdisk umgezogen.
Ein weiteres Problem liegt in der anfänglichen inhaltlichen Ausrichtung von LOTUS. Statt mit einem Bus-Modul, das für die OMSI-Community von Interesse gewesen wäre, startete LOTUS mit dem Straßenbahn-Modul „Rails of LOTUS“. Das führte dazu, dass ein Großteil der ursprünglich gewonnenen OMSI-Spieler das Gefühl hatte, dass ihre Interessen und Wünsche nicht berücksichtigt wurden. Die Aussage des Community-Managers MarvinK, dass OMSI auch ohne bestimmte Kerninhalte wie die Spandau-Karte auskommen würde, brachte eine weitere Dissonanz. Viele User lasen darin eine implizite Nachricht, dass der bekannte Berliner Content – inklusive der beliebten Linien M1 und 100 – vielleicht niemals ihren Weg in den LOTUS Simulator finden würde. Der Stand auf Steam blieb weiterhin unklar und änderte sich mehrfach. Dies verstärkte das Gefühl, dass der Simulator und seine Entwickler die Erwartungen der OMSI-Community nicht ernsthaft berücksichtigten.
Insgesamt hätte LOTUS durch eine stärkere Einbeziehung der etablierten OMSI-Community und eine engere Zusammenarbeit vielleicht sogar eine Art „OMSI 3“ werden können, das die Interessen beider Welten kombiniert. Stattdessen schien der Neuanfang im LOTUS-Projekt das Gegenteil zu bewirken: Die Community verlor durch die Forenschließung und durch die ungewisse Kommunikation massiv Vertrauen in die Entwickler.
Die Kommunikation ist längst auf das hauseigene Forum verlegt, die meisten Spieler, die LOTUS mittlerweile probiert hat zu gewinnen, verpassen hier jedoch alle Neuigkeiten. Steam-Updates gibt es kaum noch, Updateberichte erscheinen nur noch auf der LOTUS-Seite und erreichen damit ein deutlich kleineres Publikum. Wer sich durch den teuren Early Access und das chaotische Update-Management kämpft, spürt schnell, dass viel von dem ursprünglichen Community-Enthusiasmus verloren gegangen ist. Ein sarkastischer Blick in die Zukunft zeigt: Bis 2030 wird LOTUS vielleicht in die nächste Engine-Phase eintreten und auf irgendeiner Engine erscheinen – inklusive neuer 3D-Bäume, diesmal vielleicht in Pastelltönen. Und wer weiß, vielleicht schafft es der LOTUS Simulator, das erste Spiel zu sein, das über mehrere Jahrzehnte hinweg im Early Access bleibt und sich nach unzähligen Engine-Wechseln eines Tages tatsächlich einer "finalen Version" annähert.
Wie ist eure Meinung zum LOTUS Simulator? Was denkt ihr, wird noch in den LOTUS Simulator kommen? Hast du noch Hoffnungen in den LOTUS Simulator?
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Ich bin der fleißige Schreiber der Artikel für die Simulatoren-News.
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